Agile Arbeitsweise und Scrum im Überblick

In diesem Beitrag versuche ich kurz zu erklären, was Agile ist, wie es anwendet werden. Und wenn diese Informationen bereits hundert Mal gelesen haben, die Wiederholung (Übung) macht den Meister.

Agile Manifest

Die Software-Entwicklung in den 90er Jahren war anders als heute. Von dem ersten Entwurf bis zur Übergabe an Kunden dauerte es manchmal Jahre. Solche Situationen führten dazu, dass die Produkte bereits bei der Übergabe veraltet waren.

Das Agile Manifest ist im Jahre 2001 als eine Art Verbesserungsvorschlag auf den damaligen Herausforderungen der langsamen und unflexiblen Software-Entwicklung entstanden.

Das Agile Manifest besteht aus vier Werten und 12 Prinzipien, welche zusammen eine Basis für mehrere Ansätze und Praktiken (Werkzeuge, Frameworks) bilden. In Laufe der letzten Jahre entstand auch ein weiterer Begriff – das Agile Mindset. Das Agile Mindset lässt anhand der 4 Werte des agilen Manifests gut erläutern.

 

Agile Manifest 4 Werte

 

Anmerkung: Das „ist wichtiger“ bedeutet nicht, dass der rechte Teil überhaupt nicht existiert,  wichtig ist nur, dass der linke Teil wertvoller ist.

1. Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.

Die Mitarbeiter sollen letztendlich entscheiden, wie die Prozesse zu definieren und auszulegen sind, auch wenn diese detailliert beschrieben wurden. Dabei ist die menschliche Kommunikation untereinander (auch zwischen unterschiedlichen Abteilungen) viel wichtiger als die blinde Befolgung der Anforderungen oder die Nutzung von bestimmten Tools.

2. Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation

Wir alle kennen Unternehmen, wo der Bericht über die abgeschlossene Arbeit viel wichtiger ist als das Resultat selbst. Einen realen Mehrwert für den Kunden bringen die neuen Features, die im letzten Release implementiert sind, sowie deren erfolgreiche Nutzung und keinesfalls eine detaillierte Dokumentation diesen Features.

Letztendlich gibt es nur ein Messwert für den Kunden, liefert das Produkt einen Mehrwert oder nicht?

3. Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen

Wie leben in einer Welt, wo die Anforderungen an das Produkt sich blitzartig ändern können. Die Vertragsbestimmungen machen zweifelsohne Sinn, diese sollten aber so formuliert sein, dass man auch entsprechende Freiheitsgrade hat.

4. Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans.

Der letzte Punkt ist oft schwierig umzusetzen. Wenn man allerdings merkt, dass eine Anforderung nicht mehr den gewünschten Mehrwert liefert, muss man diese auch abändern können und seine Hypothese revalidieren.

Wie uns die „Corona-Geschichte“ lernt, die Fähigkeit sich schnell an den geänderten Lebensumständen anpassen zu können, ist die wohl einzige Überlebensschanze. 

12 Prinzipien

Scrum wurde zwar aus der Software-Entwicklung heraus entwickelt und initial beschrieben, nur wird es mittlerweile in vielen Bereichen auch außerhalb der Software-Entwicklung eingesetzt.

Agile Mindset

Der Begriff „Agile Mindset“ ist etwa zehn Jahre nach Agile Manifest entstanden und hat keine offizielle Definition. Es gibt fünf Werte, die das Team teilen sollte: Engagement, Konzentration, Offenheit, Respekt und Mut.

Ich persönlich (nach meiner bescheideneren Auseinandersetzung mit der Materie) würde das agile Mindset wie folgt definieren:  Das agile Mindset ist in erster Linie auf dem gesunden Menschenverstand basierende Denk- und Verhaltensweise. Dazu zählen auch die auch die Mitarbeiter, die die agilen Werte teilen, eigenverantwortlich und respektvoll zusammenarbeiten und sich schnell an Veränderungen anpassen können.

Scrum

Scrum ist eine Methodik (oder ein Framework), das bei der Entwicklung von komplexen Produkten eingesetzt wird. Die iterativen und inkrementellen Prozesse bilden die Scrum-Grundlage.

Scrum wurde von Ken Schwaber und Jeff Sutherland entwickelt und in einem Scrum Guide kurz und präzise beschrieben. Beide Herren waren auch an der Erstellung des agilen Manifests beteiligt.

Scrum als solcher soll als ein sehr leichtgewichtiger Prozess verstanden werden und daher beschränkt sich Scrum (anders als SAFe) auf das Allernotwendigste.

Events (Zeremonien)

Scrum Events

Die Arbeitszeit in Scrum wird in aufeinanderfolgende Zeitabschnitte aufgeteilt, die in bestimmten Rhythmus wiederholt werden. 

Sprint

Der Sprint ist ein Zeitraum (im Regelfall eine bis vier Wochen), in denen das Team gegen ein durch den Product Owner vorgegebenes und verhandeltes Produktziel arbeitet.

Ein Sprint beginnt immer mit einer Planung und endet mit einer Retrospektive. Wenn ein Sprint beendet wird, wird direkt ein neuer gestartet. Außerdem beinhaltet jeder Sprint auch drei weiteren Events: Das Daily, das Refinement und den Review.

Sprint Planning

Bei der Sprint Planung wird definiert welche Ziele in diesem Zeitabschnitt zu erreichen sind. Die Ziele werden auf Basis der Erkenntnisse aus dem letzten Sprint- Review sichtbar. Einer der wichtigsten Aufgabe bei der Planung, ist die Zusammensetzung den einzelnen Aufgaben aus dem Backlog. An der Planung nimmt das ganze Team teil und das Entwicklungsteam bestimmt dabei auch den Umfang für den nächsten Sprint.

Backlog

Ein Backlog beinhaltet eine Liste einzelner Stories, die nach Priorität geordnet sind. Jede einzelne Story hat in der Regel eine Reihe von notwendigen und klar definierte Elementen, wie z.B. Komplexitätsbewertung nach zeitlichen Aufwand und Akzeptanzkriterien.

Die wichtigsten (oder wertvollsten) Stories sind diejenigen, die einen gewissen Reifegrad haben sollten. Weniger wichtige oder wertvolle Themen müssen entsprechend noch nicht so detailliert formuliert sein.

Daily

Das Daily ist eine tägliche, 15-minütige Besprechung. Es wird empfohlen die Daily-Besprechung zur gleichen Zeit, morgens und stehend durchzuführen. Das Daily soll als Synchronisationspunkt dienen und das Team informieren, was man gestern geschafft hat, woran man heute arbeitet und ob man ggfs. Unterstützung benötigt.

Refinement

Das Refinement dient der gemeinsamen Arbeit am Backlog. Die Priorität der einzelnen Stories kann neu besprochen werden. Neue Stories können erstellt werden und bestehenden weiter ausgearbeitet.

Review

Das Review wird genutzt, um den Kunden und/oder Stakeholder oder auch den anderen Teams die Arbeitsergebnisse zu demonstrieren sowie Fragen zu beantworten. Ein Review-Termin findet am Ende eines Sprintes statt.

Retrospektive

Eine Retrospektive ist eine der wichtigsten Scrum-Zeremonien. Die der Name auch sagt, handelt es sich um einen Rückblick in die Vergangenheit. Das Ziel dabei ist, positive und negative Momente im Sprint zu bewerten, und um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern.

 

Scrum Rollen

 

Product Owner (PO)

Der PO hat eine Reihe von sehr komplexen Aufgaben. In erster Linie ist er ein Bindeglied zwischen den Kunden und dem Entwicklungs-Team. Ein Bindeglied welches ein tieferes Verständnis sowohl für das Produkt als auch für die Kundenanforderungen hat. Der PO trifft auch die Entscheidungen bei allen Produktbezogenen Themen. Aber nur das WAS (nicht Wie) wird durch ihn verantwortet.

Der PO übernimmt auf keinen Fall die Rolle eines Teamleiters, da die Scrum-Team selbstorganisierende Teams sind.

Scrum Master

Die Aufgaben des SMs sind vielfältig aber überwiegend organisatorischer Natur. Zu den Hauptaufgaben des AMs würde ich die Vermittlung und Erklärung der Scrum-Werten und Prozessen zählen, auch in Form von persönlichem Coaching. Auch die Durchführung der Zeremonien und Kommunikation mit den anderen Teams gehören ebenfalls dazu.

Der SM übernimmt ebenfalls keine Rolle eines Teamleiters.

Team

Das Team wird vergleichsweise zu vielen „klassischen“ Abteilungen recht klein (3-9 Personen) gehalten und besteht immer aus einem PO, einem SM und den Entwicklern (Developer in Scrum-Sprache).  Vom Scrum-Team wird erwartet, dass die Mitglieder die Aufgaben eigenverantwortlich erfolgreich erledigen können. Eine Hierarchie ist in einem Scrum-Team nicht vorgesehen. Die Teammitglieder entscheiden gemeinsam, wer, wann und vor allem wie eine Aufgabe erledigt wird, da das Team auf dem gegenseitigen Vertrauen basiert.

In einem agilen Team gibt es mehrere Ebenen von Zielen - kontinuierliche Verbesserung als Team und in der Arbeitsweise, Schaffung von Mehrwert in Form von Produkt-Inkrementen, kontinuierliche Mitarbeiterentwicklung (Wissensausbau und -Transfer).

In einem Agile-Team trefft man immer eine gemeinsame Entscheidung, welche Technologie, welches Produkt und vor allen wie es eingesetzt werden soll. Auch die Verteilung von Aufgaben findet bidirektional in gemeinsamer Absprache statt. Einen Team-Leiter, welcher auf technischer Ebene die Entscheidungen beeinflussen kann, sollte ebenfalls nicht geben. Der Totalitarismus in der Entscheidungsfindung bringt oft das Chaos bei der Umsetzung.

Fazit

Ich hoffe, dass meine kurze Ausführung Ihnen das Thema Agilität näherbringen konnte. Und ich hoffe auch, dass ihr ebenfalls der Meinung seid, dass die Agilität es verdient hat, nicht nur in der IT-Welt eingesetzt zu werden.

Die Agilität kein Heilmittel für alles ist, aber die Verbreitung des agilen Mindsets wäre in vielen Bereichen zum Vorteil gewesen:

  • Die Agilität ermöglicht jedem Mitarbeiter die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und dadurch in vielen Hinsichten besser zu werden.
  • Wenn jeder Mitarbeiter darüber nachdenkt, wie er Mehrwert für den Kunden erzeugen kann, wird auch die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens erhöht. Man wartet nicht bis ein großer (offizieller) Release rausgebraucht wird, man liefert dem Kunden eine neue Version, weil man überzeugt ist, dass die ihm Mehrwert bringt.
  • Die Ideen der Mitarbeiter sollen nicht unter der Last der unternehmensinternen bürokratischen Strukturen zum Opfer fallen, sondern überall wo es sinnvoll und möglich ist, umgesetzt werden.

Die Welt da draußen ändert sich blitzartig, deswegen muss man in der Lage sein, sich an die schnell ändernden Herausforderungen anpassen zu können. Die Verbreitung von Agilität befeuert die dafür notwendige Kreativität und den Mut zur Veränderung.

 

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